Achtung: Drama-Dreieck!

In meinem Blog „Kommissarische Führungskraft werden?" haben Anna und ihr Bereichsleiter in den bisherigen Gesprächen den Umweg über das Drama-Dreieck vermieden. Eine gute Basis für die weitere Zusammenarbeit.

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Denn das Drama-Dreieck hat eine ähnlich verheerende Wirkung wie sein Namensvetter Bermuda-Dreieck – es verschlingt kostbare Energie. Tauchen Führungskräfte und Mitarbeiter wiederholt in diesen Gesprächsstrudel ab, birgt das Folgerisiken. Im schlimmsten Fall macht es effiziente Zielerreichung unmöglich. Statt Weiterentwicklung ist das Team im Drama-Dreieck gefangen. Eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre bleibt ein Wunschtraum.

Das Drama-Dreieck

In dieser Konstellation sind die Akteure auf drei Rollen festgeschrieben: Verfolger – Opfer – Retter. In keinem Rollenskript lautet die Grundhaltung: „Ich bin ok – Du bist ok!“. Die einzige „Wahl-Freiheit“ innerhalb der Grenzen besteht darin, zwischen den drei Rollen hin und her zu springen. Das Drama-Dreieck verhindert Lösungen, die an der Ursache ansetzen. Denn ein echter Austausch braucht die „Ich bin ok – Du bist ok“-Haltung.

Stellen wir uns für einen Moment vor, Anna agierte mit ihrem Bereichsleiter nicht klar und wertschätzend. Weder schilderte sie die Situation und ihre Konsequenzen sachlich – noch präsentierte sie in der zweiten Runde einen Lösungsvorschlag, nämlich die kommissarische Leitung.

Stattdessen beklagte sie sich über den Stress, den die Anfragen anderer Abteilungen bei ihr auslösten. Sie wisse nicht mehr, was sie wann und wie machen sollte. Sie verstehe überhaupt nicht, warum sie immer noch keinen Teamleiter hätten. Frustration und Verzweiflung schwappten buchstäblich über den Tisch. Damit agierte Anna aus der typischen Opferrolle heraus. Nähme ihr Bereichsleiter die Einladung ins Drama-Dreieck an, könnte er Anna „retten“. Er würde sich den Berg ihrer Aufgaben selber aufladen. Oder alle Erledigungstermine nach hinten verlegen. Anna wäre für den Moment gerettet, denn sie hätte sich entlastet.
Die Problemursache hingehen bleibt in diesem Szenario bestehen: Eine Führungskraft, die sowieso schon über-ausgelastet ist, lädt sich zusätzliche Aufgaben auf. Zeit für die Koordination des führungslosen Teams wird noch knapper als vorher. Der Berg an unerledigten Aufgaben wächst an.

Reagierte Annas Bereichsleiter auf ihre Frustration ohne eigene Impulskontrolle, machte ihr gar Vorwürfe mit persönlichem Anstrich, agierte er als Verfolger. Anna igelte sich wahrscheinlich in der „Opferrolle“ ein. Etwaige Rechtfertigungen würden weitere „verfolgende“ Vorwürfe nach sich ziehen. Vielleicht ginge Anna in die Offensive, aller Voraussicht nach emotionaler als zu Beginn des Gesprächs.
Fazit: Problemlösung Fehlanzeige, verhärtete Fronten, Lernerfahrung bei Anna: „Am besten gar keine kritischen Themen mehr ansprechen.“ Gute Lösungen sehen anders aus.

Lösungsorientierte Kommunikation statt „Dreiecks-Drama“

In besonderen Zeiten, wie Mitarbeiter sie in einem Team ohne Führung oder in sehr intensiven Transformationsprozessen erleben können, sind Emotionen menschlich. Eine erfahrene Führungspersönlichkeit kann diese auffangen und wieder die Brücke zu einer lösungsorientierten Kommunikation bauen. Vorausgesetzt, die Führungspersönlichkeit agiert außerhalb des Drama-Dreiecks.

Wie kann das ablaufen? Mit klassischen Feedback-Elementen signalisiert sie, dass Sachinformation und Emotion angekommen sind: „Ich habe verstanden, dass die aktuelle Situation kritisch in Ihrer Wahrnehmung ist. Wie kann eine Lösung aus Ihrer Sicht aussehen?“. Eine Führungspersönlichkeit vergibt sich auch nichts, wenn sie ihren Beitrag am Zustandekommen einer kritischen Lage frank und frei einräumt. Dieses wichtige Element aus dem Baukasten des Fehlerlernmanagements stärkt Vertrauen und festigt die Bindung.

Vielleicht braucht es mehr als einen Anlauf oder die Vertagung auf einen Folgetermin ist angezeigt, um eine lösungsorientierte Gesprächsebene zu erreichen. Diese Zeit ist gewinnbringend investiert: Wenn die negativen Emotionen auf Mitarbeiterseite abgeflaut sind, binden sie keine Energie mehr. Volle Konzentration und klarer Kurs zur Lösungsorientierung sind wieder möglich.

Warum ist das Drama-Dreieck langfristig gefährlich?

Führungspersönlichkeiten auf allen Ebenen sollten um das risikobehaftete Drama-Dreieck wissen. Erkennen, wann sie, Mitarbeiter oder andere Gesprächspartner darin eintauchen und so schnell als möglich daraus aussteigen. Damit stellen sie wieder eine positive, lösungsorientierte Gesprächsatmosphäre her. Neben anderen Basics zu Kommunikation und Teamdynamik stellen echte Teamleader sicher, dass ihre Mitarbeiter das Modell kennen und auch wissen, wie sie es verlassen, um wieder lösungsorientiert zu kommunizieren.

Teams im Drama-Dreieck sind dysfunktional. Sie agieren ineffizient. Ihre Ergebnisse bleiben hinter den gesteckten Zielen zurück. Retter, Opfer und Verfolger können in diesem Muster auf lange Zeit verbleiben, ohne es zu merken. Ihre Kraft wird durch die – auch emotional ermüdenden – Aktionen im Dreieck gebunden.

Entwickeln, entdecken, anregen, stabilisieren, promoten, konstruktiv kritisieren oder sich partnerschaftlich unterstützen: Fehlanzeige. Denn diese Verhaltensweisen setzen Energie, Freude beim Arbeiten, Selbstvertrauen voraus.

Wenn das Drama-Dreieck eine „Teamroutine“ darstellt, die bspw. durch ein Coaching oder einen Teamtag offensichtlich wird, so müssen Teams zuerst neue Rahmenbedingungen erarbeiten. Sie dann bewusst etablieren und trainieren. Eine aus mehreren Blickwinkeln nutzenstiftende Methode stellt die Einführung eines Navigators für Meetings dar. Er signalisiert dem Team, wenn es ins Drama-Dreieck eintaucht. In der Anfangsphase sollte diese Aufgabe von der des klassischen Moderators bewusst separiert werden. Eine von Meeting zu Meeting rotierende, rollenunabhängige Navigatorenrolle gibt jedem Teammitglied die Chance, seine Wahrnehmung zu trainieren.

Sind Sie oder Ihr Team zu oft im Drama-Dreieck und möchten Unterstützung beim Ausstieg?  Dann schreiben Sie mir unter: info@brigitte-kuhlow.de oder rufen Sie mich an.